

Momenti Italiani - Toskana








„Keine Toskana wie aus dem Reiseführer: Keine idyllischen Landhäuser und
Bauernhöfe in warmen Terracottafarben, keine sonnendurchfluteten Felder, keine
Pinienhaine im sanften Abendrot, keine fröhlichen palavernden Menschen im
Straßencafe.
Jochen Stengers Toskana ist nicht farbig, sondern schwarz-weiß, mit starken Kontrasten
künstlerisch gestaltet – und schon dadurch verfremdet. Keine mediterrane
Leichtigkeit liegt über diesen Fotografien, sondern Melancholie, zuweilen sogar
etwas Düsteres.
Landschaft und Menschen – nie aber beides zusammen sind die bevorzugten Motive
in den neuen Arbeiten des Hanauer Fotokünstlers Jochen Stenger. Eine eigentümliche
Ruhe strahlen diese Werke aus. Der temperamentvolle, typische (?) Italiener – Fehlanzeige:
alte Männer im Cafe, auf kargen Stühlen und Bänken abgespannt nach
einem langen Arbeitsleben. Eine korpulente Frau vor einem schmucklosen Gemüseladen,
die die Hand in die Hüfte stemmt, im Alltag eingefangen.
Die Mehrheit der Bilder hingegen zeigt keine Menschen, sondern Landschaften und
Gebäude, die geradezu verlassen scheinen. Einsame Gehöfte, in denen niemand
zu wohnen scheint, obwohl sie keineswegs heruntergekommen wirken. Fast schon
gespenstisch muten helle Felder an, die in ihrer Struktur Wüsten gleichen, andere
wiederum ähneln
dunklen Teppichen, durch die sich weiße Wege schneiden.
Bedrohlich wie Speere ragen Pinien an einer langen Allee in den Himmel; auf
vielen Bildern ist er mit schweren Wolken verhangen, die bleiern über der Landschaft
liegen. Manchmal richtet der Fotograf seinen Fokus auch auf ein Detail, das er
plastisch hervorhebt – wie die akkurat geschnittenen Hecken im Garten eines herrlichen
Anwesens. Die Szenarien scheinen zu erstarren im Augenblick, wenn der Auslöser
klickt. Die Zeit steht still."
Pamela Dörhöfer